Für mich als Problempferdetherapeutin und Trainerin für Leadership/Kommunikation ist klar und dazu stehe ich voll und ganz: Was vom Boden aus nicht funktioniert, kann und wird auch im Sattel niemals funktionieren. Wenn mir Reiter sagen, sie fühlen sich im Sattel sicherer als am Boden, deutet das ganz klar darauf hin, dass dieser Reiter nur nicht weiß, wie er sich am Boden richtig verhält. Leider wurde viele Jahre in den Reitschulen auch keine Bodenarbeit oder richtige Kommunikation, der richtige Umgang mit dem Pferd unterrichtet. Das war nicht wichtig. Die Menschen wollten ja reiten lernen und nicht, wie man führt oder sein Pferd versteht. Man bekam oft ein gesatteltes Pferd in die Hand, zog Kappe und Handschuhe an, nahm die Gerte in die Hand und schwang sich in den Sattel.
Doch ich mache zum Glück die Erfahrung, dass sich in den letzten Jahren die Sensibilität der Reiter, das Hinterfragen mancher Trainingsmethoden und auch die Notwendigkeit mancher Ausrüstungsgegenstände immer weiter verbreitet. Vielleicht auch dank des Internets, wobei gerade das Internet natürlich auch immer auf drei Fragen drei verschiedene Antworten parat hat.
Weil für mich selbst immer die Bodenarbeit spannender als das Reiten war, liegt mir gerade dieses Kapitel meiner Arbeit sehr am Herzen. Denn viele auffällige und unerwünschte Verhaltensweisen der Pferde lassen sich durch ein regelmäßiges, richtiges Übungsprogramm beheben. Diese Übungen, die vom Boden aus erarbeitet werden, sind die Basis für alles, was später auch beim Reiten vom Pferd verlangt werden kann. Es sind einfache, aber ausgesprochen wirkungsvolle Übungen. Damit meine ich z.B. das Einfangen, das Aufhalftern, das richtige Führen, die sinnvolle Arbeit an der Hand, die Findung der Balance an der Hand, die Freiarbeit. Anders formuliert sage ich immer, ich mache "Yoga mit dem Pferd".
Anders als die Reiter, die sich im Sattel sicherer als am Boden führen, gibt es aber auch die Menschen, die sich am Boden mit dem Pferd sicherer fühlen. Warum?
- Es gibt fast immer einen sicheren Ausweg für den Menschen.
- Die Fantasie läuft nicht aus dem Ruder, sprich es gibt seltener den Horrorgedanken, wenn das Pferd einmal einen Satz macht.
- Der Mensch fühlt sich auf den eigenen zwei Beinen sicher, alles ist einschätzbar, er kann seine Bewegungen kontrollieren.
Wenn wir Menschen kommunizieren, und das tun wir wahrlich zu jeder Zeit, ob verbal oder nonverbal, so verstellen wir uns meistens. Wir sind es gewohnt und auch so erzogen worden, freundlich zu sein, zu lächeln und respektvoll mit den Mitmenschen umzugehen. Die wahren Gedanken zu einer bestimmten Situation, gerade in negativen oder frustrierenden Situationen, zeigen wir leider selten. Die Pferde kommunizieren ebenfalls ununterbrochen mit uns, mit den Herdengenossen oder dem neben stehenden Pferd am Putzplatz. Dem Pferd gegenüber können wir Menschen uns nur ganz und gar nicht verstellen, hier können wir in keine Rolle schlüpfen, das Pferd liest uns vom ersten Moment an, an dem wir den Stall betreten. Es liest unsere Körpersprache und merkt genau, ob wir gestresst sind, oder vielleicht verärgert oder traurig. Oder ob wir voll und ganz mit dem Herzen und mit dem Kopf bei unserem Pferd sind. Und wenn wir das sind, und wirklich ehrlich sind, haben wir den ersten Schritt zur richtigen Kommunikation mit unserem Pferd gemacht. Denn Kommunikation ist vor allem Eines: Zuhören.
Die Pferde können uns also helfen, unser tiefstes ICH zu finden, unsere tausend Rollen, die wir uns im Arbeitsleben oder in der Partnerschaft oder sonst wo einverleibt haben, abzulegen und einfach ECHT zu sein. Das mag schwer sein und ein langer harter Weg, aber es lohnt sich.
Plötzlich stellen wir fest, warum wir vielleicht ein Problem mit unserem Partner haben oder mit dem Chef oder mit den Mitarbeitern. Die Pferde lehren uns, so zu sein, wie wir sind, denn anders funktioniert eine echte "Partnerschaft" nicht.
Susanne Grun
Pferdeverhaltenstherapeutin
Pferdetrainerin
Public Relations
83026 Rosenheim
all rights reserved & copyright